Biografie

Artur Beul – eine Schweizer Musiklegende

Text und © Adrian Michael, 2005/23

Am Himmel staht es Sternli, Stägeli uf, Stägeli ab, Nach em Räge schint Sunne und die Brämen, die seit fast 70 Jahren über den Gotthard fliegen – wer kennt sie nicht, die Melodien von Artur Beul? Seit Jahrzehnten werden sie von unzähligen Interpreten gesungen und manche von ihnen gelten bereits als Volkslieder. Im Laufe vieler Jahrzehnte hat Artur Beul gegen tausend Kompositionen geschrieben, von denen etwa fünfhundert auf Schallplatte und CD erschienen sind. Weniger bekannt hingegen ist, dass Artur Beul über sechzig Jahre in Zollikon am Zürichsee wohnte.

Artur Beul wurde 1915 in Einsiedeln geboren und verbrachte dort zusammen mit seiner Mutter und seiner Grossmutter seine Jugendzeit. Sein Vater starb, als Artur zwei Jahre alt war. Nach der Klosterschule in Einsiedeln studierte er an der Universität Freiburg und schloss an der Uni Zürich sein Studium als Mittelschullehrer ab. Da kurz danach der Krieg ausbrach, musste der frisch gebackene Lehrer zunächst einmal Stellvertretungen übernehmen; zuerst 1940 in Willerzell am Sihlsee. Und im Dörfchen Willerzell, wo Artur Beul nebenbei auch noch als Organist in der Kirche tätig war, begann sein musikalischer Werdegang.

Weil es, abgesehen von Volksliedern und vaterländischen Gesängen, kaum Lieder für die Jugend gab, schrieb der musikbegeisterte junge Lehrer kurzerhand selber Lieder mit eingängigen Melodien und kindgemässen Texten, die bei den Kindern auf grossen Anklang stiessen. So entstanden «Übre Gotthard flüged Bräme» «De Lusbueb», «Sibe chlini Äntli »und zahlreiche andere. Auch das berühmte «Stägeli uf, Stägeli ab» stammt aus Willerzell: Von seinem Fenster aus beobachtete der junge Lehrer eines Nachmittags, wie manche Kinder erleichtert die Treppe vor dem Schulhaus heruntersausten, während andere, weniger gut gelaunt, die Treppe hinauf zum Unterricht gingen.

Beuls allererstes Lied indes entstand bereits einige Jahre früher: Als Achtzehnjähriger schrieb er «Am Himmel staht es Sternli». Es gehört auch heute noch zu seinen schönsten und bekanntesten Melodien. Beim Komponieren kamen Beul seine Musikkenntnisse zugute, die er zuvor am Konservatorium in Zürich erworben hatte. Sein Lehrer dort war wohl einer der ersten, die sein grosses musikalisches Talent erkannte. Er riet ihm von der klassischen Musik ab und empfahl ihm, sich der Unterhaltungsmusik zu widmen. Kaum zu glauben, dass der Tag, an dem Artur Klavierstunde hatte, als Kind für ihn der schlimmste Tag der Woche war. Mehr als einmal setzte es Prügel, weil die Etüden nicht richtig sassen. Das änderte sich erst, als eines Tages die Noten eines Strausswalzers auf dem Klavier standen. 

Anfangs der 1940er Jahre besuchte Beul im Zürcher ‚Corso’ ein Konzert der jungen Geschwister Schmid mit dem Orchester von Teddy Stauffer, die durch den Film ‚S’Margritli und d’Soldate’ in der ganzen Schweiz bekannt geworden waren. Artur, begeistert vom perfekten Dreiklang der jungen Stimmen, bat die Kinder schriftlich um ein Autogramm und legte die Noten seines ‚Sternli‘ bei – ‚zur gfl. Begutachtung’. Zu seinem Erstaunen kam ein Brief zurück: Sie seien demnächst in Einsiedeln und man könne sich ja dort treffen. Und so kam es einige Wochen später zu jener Begegnung, die das Leben Beuls von Grund auf ändern sollte. Das ‚Sternli‘ nämlich gefiel den jungen Sängern ausnehmend gut und als sich Artur ans Klavier setzte und ihnen seine anderen Lieder vorspielte, waren sich die Geschwister schnell einig: Artur Beul war der Mann, den sie gesucht hatten; da sie im Alter seiner Schüler waren, waren seine Lieder auch für sie wie massgeschneidert. Teddy Stauffer, der die Schmid bisher begleitet hatte, verliess zu dieser Zeit sein Orchester und ging nach Amerika. Darum schlugen sie dem jungen Artur Beul vor,

er solle doch seinen Lehrerberuf an den Nagel hängen und mit ihnen als Komponist und Begleiter am Klavier auf Tourneen gehen. Und so kam es – ein mutiger Entscheid für eine eher unsichere Zukunft, der sich jedoch als richtig erweisen sollte, denn das ‚Trio Schmid’ und Artur Beul blieben zehn Jahre zusammen und waren überaus erfolgreich. Gegen achtzig Lieder wurden auf Schallplatten aufgenommen und zahlreiche Konzerte in der Schweiz, Österreich, Deutschland und England fanden statt. Auch privat verstand man sich gut: Beul verlobte sich mit Klärli Schmid. Die Verlobung wurde jedoch in aller Freundschaft später wieder aufgehoben.

Da Beul die dauernde Fahrt zwischen Einsiedeln und Zürich zu mühsam wurde, entschloss er sich nach dem Tod seiner Mutter 1945, am Zürichsee nach einem neuen Heim Ausschau zu halten. So bestieg er sein Velo und fuhr dem rechten Zürichseeufer entlang. Kurz vor der Stadtgrenze lehnte er sein Velo an einen Baum und vertrat sich auf einer Wiese die Beine. Der Zufall wollte es, dass just in diesem Moment der Besitzer dieser Wiese aus einem Fenster schaute und mit dem jungen Mann ein Gespräch begann. Der Mann war Albert Wander, bekannt geworden durch die Ovomaltine und ein grosser Freund von Beuls Liedern. Das eine ergab das andere, und so konnte der junge Komponist zum damals schon vergleichsweise hohen Quadratmeterpreis von 45 Franken das Grundstück erwerben und sein Häuschen bauen. Für Grundstück und Haus bezahlte er 50’000 Franken.
Eines Tages legte Beul dem Trio ein Lied vor, das er vor einiger Zeit innert einer Viertelstunde niedergeschrieben hatte: «Nach em Räge schint Sunne». Den Geschwistern jedoch gefiel das Lied nicht und auch der Verleger Rosengarten hielt nicht viel davon. Schliesslich liess er sich dazu überreden, es für das Gesangsduo Vreneli Pfyl und Martheli Mumenthaler als B-Seite zu verwenden; das bekannte Brunnenhoflied auf der A-Seite sei ja gut genug, da könne es eine schwache Rückseite schon verkraften. Es kam aber anders, und die Schmids werden sich mehrere Male über den entgangenen Erfolg geärgert haben. Aber so wurde Beul erfolgreichstes Lied, der erste grosse Schweizer Mundarthit, nicht vom Trio Schmid herausgebracht, sondern vom Duo Pfyl/Mumenthaler. Am Morgen der Plattenaufnahme allerdings verschlief sich Beul, ein Ersatzmann musste einspringen.

Hie und da wurde in Weggis konzertiert, wo zahlreiche amerikanische Soldaten nach dem Krieg ihren Urlaub verbrachten. Einer von ihnen muss «Nach em Räge schint Sunne» einem amerikanischen Verleger mitgebracht haben, denn eines Tages kam die Anfrage, ob man dieses Lied in den USA herausgeben könne. Das Lied wurde 1945 unter dem Titel «When a Swiss Boy goes calling to a Swiss Miss in June» von den Andrew Sisters aufgenommen und lag in den USA ein halbes Jahr an der Spitze der Hitliste – Beul war der erste Schweizer Superhit gelungen, der zu internationalem Ruhm gelangte. Das Lied ist in mehrere Sprachen übertragen

worden; auffallend ist besonders eine schwedische Aufnahme, und der amerikanische Jazzmusiker Joe Turner sang mit englischem Akzent: «Nach em Räge schint Sunne, wänn i hei chumm, git’s Krach.» In der Schweiz wurden 100’000 Platten davon verkauft– eine in jenen Jahren unglaubliche Zahl. Aber leider gab es damals noch keine rechtlichen Verträge zwischen Amerika und Europa, und darum brachten die Aufnahmen in den USA keine Autoreneinnahmen – Beul entging ein Vermögen. Auch in der Schweiz liess sich nur schwer Geld verdienen: Für seine erste Komposition, das «Sternli», wollte Verleger Rosengarten den unerfahrenen Lehrer mit dreissig Franken als einmalige Entschädigung abfinden. Auf Intervention von Klärli Schmid, die drohte, sonst das Aufnahmestudio zu verlassen, wurde ein Vertrag aufgesetzt und Beul wurde pro verkaufte Platte zwölf Rappen zugestanden – von anderen Rechten wie für Ausstrahlungen im Radio wurde nicht gesprochen.

Mit seiner Musik ist Beul zwar nie reich geworden, konnte aber als einer der ersten Schweizer von seiner Musik leben. Beuls Kreativität scheint damals fast grenzenlos gewesen zu sein. Oftmals kam am Abend ein Telefon des Verlegers, er brauche dringend ein paar Lieder – morgen! Beul setzte sich ans Klavier und schrieb ein paar Lieder, die ganze Nacht hindurch. Die Lieder entstanden immer auf die gleiche Art und Weise: Zuerst war eine Idee, ein Bild, aus dem sich dann Musik und Text mehr oder weniger gleichzeitig ergaben. Und wenn Beul mit seinen Interpreten nicht gerade irgendwo auftrat, spielte er jeweils abends die grosse Orgel im Kino ‚Apollo’. Gage: zwanzig Franken pro Abend.

Doch dann erhielt das Trio Schmid eine Einladung nach Amerika, was die Trennung von ihrem Komponisten zur Folge hatte – als Heimwehschweizer waren die USA kein Thema für ihn. Auch hatte er mittlerweile begonnen, auch für andere Interpreten zu arbeiten, zum Beispiel für das bekannte Duo Pfyl/Mumenthaler, Lys Assia und Vico Torriani.

In dieser Zeit lernte er die deutsche Sängerin Lale Andersen kennen, die als Interpretin des Liedes Lili Marleen Weltruhm erlangt hatte. Zuerst wohnte sie bei ihm zur Untermiete, aber nach zwei Jahren wurde 1949 geheiratet und fortan zog Beul als einer ihrer Komponisten und Begleiter am Flügel auf Tourneen durch Europa. Auch sein Lieblingslied schrieb Beul für seine Frau: «In unsrem Garten blühen Rosen» entstand aus einem Brief, den er ihr schrieb und später zu einem Lied verarbeitete.

Durch Lale Andersen lernte Beul die grossen Interpreten der deutschen Unterhaltungsmusik kennen; Peter Kreuder, Franz Lehar, Ralph Benatzky und andere gehörten zu seinem Bekanntenkreis. Für Hans Albers, der auch oft bei den Beuls zu Gast war, schrieb er acht Lieder, darunter das bekannte «Sag wie heisst du, süsse Kleine». Auch für Ilse Werner, seine Trauzeugin bei der Hochzeit in Zollikon, komponierte er, für Evelyn Künnecke und andere.

Gegen Ende der 1960er-Jahre jedoch wurden seine Schweizer Lieder von der aufkommenden Rock- und Popmusik fast völlig verdrängt. Als Lale Andersen 1972 starb, profitierte Beul von dem Talent seiner Vorfahren, die Kunstmaler gewesen waren: Er zog nach Südfrankreich, um zu malen. 

In Cannes entstanden Bilder vom Hafen und der Provence, Beul verkaufte sie an Touristen. Vom Meer selbst hielt Beul nicht viel: Er sei nur einmal bis zu den Knien im Wasser gewesen und habe nie schwimmen gelernt.

Nach zehn Jahren verliess Beul die Côte d’Azur wieder und kehrte 1978 nach Zollikon zurück. Bald lernte er seine zweite Frau Pat Gysin kennen, die bei der Zürcher Redifusion als Gestalterin und Ansagerin arbeitete. Sie war es auch, die ihm half, eine damalige Lebenskrise zu überwinden. In einem längeren Klinikaufenthalt konnte er sich auffangen, kehrte mit neuem Lebensmut nach Zollikon zurück und begann wieder zu malen.
Neben der Musik gehörte nämlich das Ballett zu den grossen Leidenschaften Artur Beuls; in zahlreichen Bildern brachte er dies zum Ausdruck. Oft fuhr er nach Paris. Seine Erlebnisse hielt er in ausführlich geschriebenen Tagebüchern fest, die seine Faszination für die Welt Jean Cocteaus und Henry Millers verraten. In Paris konnte er auch ausgiebig einem weiteren Hobby frönen: Artur Beul sammelte seit vielen Jahren Autogramme. Seine Sammlung wurde derart umfangreich und exquisit, dass er mit dem Erlös aus ihrem Verkauf eine Zweitwohnung im Tessin kaufen konnte. Alljährlich verbrachte er mehrere Wochen dort und erst Ende 2004 musste er sie aus Altersgründen verkaufen.

Als tief religiöser Mensch reiste Artur Beul mehrere Male nach Jerusalem, wo er jeweils mehrere Monate in einfachen Verhältnissen lebte und die biblischen Stätten besuchte. Hier schrieb er ebenfalls Tagebuch. Auch später noch erhielt Artur Beul fast täglich Briefe und Autogrammwünsche von Fans, deren Beantwortung einen guten Teil seiner Zeit in Anspruch nahm. Der Vormittag verging jeweils mit einem Frühstück in einem Café, mit Einkaufen am Greifensee und kleinen Spaziergängen mit seiner Frau Pat und seinem Bostonterrier Arca. Zu Mittag assen die Beuls meist im Altersheim in Witikon, wo seine Frau eine Bekannte besuchte. Die Nachmittage jedoch wurden Artur Beul manchmal lang. Früher gingen Berühmtheiten bei ihm ein und aus, dann wurden die Besuche selten, die meisten seiner damaligen Weggefährten waren gestorben.

Sein kleines Haus war ein eigentliches Museum der Erinnerungen; hier war Artur Beul umgeben von Andenken an Menschen, denen er in seinem langen Leben begegnet war. Eine goldene Schallplatte, signierte Fotografien von einst gefeierten Künstlern, Bilder von ihm und Lale Andersen, Lithografien von Cocteau, handgeschriebene Noten seiner Erfolge – und zu allem und jedem wusste Beul eine Geschichte zu erzählen. Jeden Tag wurde er zudem an seinen Vater erinnert: Dessen Schädel stand auf dem Kaminsims. Beul nahm ihn zu sich, als das Grab aufgehoben wurde.

Die Gartenarbeit, die er früher besonders liebte, fiel ihm je länger je schwerer, er übertrug sie einem Gärtner. Aber trotzdem war der Garten hinter dem Haus eine besondere Welt; man spürte die Hingabe, mit der er jahrzehntelang gepflegt wurde. Auffallend waren die riesigen Kristalle und Halbedelsteine, die zahlreich zwischen den Pflanzen lagen. Und jeden Tag fütterte Beul die alte Goldorfe, die im kleinen Teich langsam ihre Runden zog. Aber wenn Artur Beul in einem Altersheim auftrat, dann lebte er auf. Charmant plaudernd genoss er die Aufmerksamkeit und die Verehrung, die ihm vom dankbaren Publikum entgegenschlug. Immer wieder war es berührend zu sehen, wie die alten Menschen strahlend die Lieder mitsangen, mit denen sie gross geworden waren und die sie in ihrer Jugend gesungen haben. Auch mit neunzig Jahren spielte Beul noch täglich Klavier. Zwar liefen seine Finger nicht mehr so wie früher und ab und zu traf er eine Taste nicht mehr genau, aber seine Hände brachten immer noch den unverwechselbaren weichen ‚Beul-Sound’ hervor, der ihn von anderen Interpreten unterscheidet. Er nützte die ganze Breite der Tastatur aus, schwang sich gekonnt durch die Tonarten und brauchte die Noten nur als Orientierungshilfe. Wenn er etwas vorspielte, hüpfte seine linke Hand immer wieder von den Tasten zu den Noten hoch, um zu zeigen, wo er gerade spielte.

Seine Lieder erschienen zahlreich auf Schallplatten, eine Aufnahme, auf der Beul allein als Klavierspieler zu hören war, gab es hingegen keine einzige. Darum fragte ich ihn eines Tages, ob er nicht einige seiner Lieder aufnehmen wolle. Es brauchte etwas Überredung, aber schliesslich willigte er ein, setzte sich im Alter von 82 Jahren in meinem Schulzimmer ans Klavier und spielte die grossen Erfolge von damals. Die Aufnahmen wurden auf einer CD veröffentlicht. Sie sind nicht perfekt, aber trotzdem eine wertvolle Erinnerung an einen, der Schweizer Musikgeschichte geschrieben hat.

Auch wenn von Artur Beul immer nur die gleichen vier oder fünf Lieder zu hören sind, war seine Vielseitigkeit enorm. Neben volkstümlichen Liedern schrieb er Seemannslieder für Lale Andersen und Hans Albers sowie deutsche Chansons für Evelyn Künnecke und Ilse Werner. Eine Zeitlang waren Cowboysongs angesagt: Das ‚Texas-Duo’ war äusserst erfolgreich mit Liedern wie «Am Rio Grande liegt El Paso» oder «Marie, die Rose der Prärie». Da finden sich mitunter gewagte Reime wie ‚Chunnsch mit mir nach Texas, säg mis Schätzli wetsch das’. «Die blauen Berge von Gina Valley» ist wohl das bekannteste aus dieser Serie, für die sich Beul später allerdings eher etwas schämte und verlegen abwinkte; der Jodlerkönig Peter Hinnen sang den Titel jedoch mit grossem Erfolg. Im Lied «Unter der Brücke von San Luis» ist Beul überdies zum einzigen Mal als Sänger zu hören: Weil der Hauptsänger erkrankt war, sprang Beul ein und sang, etwas zurückhaltend, die zweite Stimme.

Beul konnte alles in ein Lied einpacken. Vielen Dörfern und Regionen hat er ein Lied gewidmet: Rapperswil, Schwyz, Lachen, Weggis, Lugano, Zollikon, dem Emmental, dem Thunersee…. – und in Glarus gilt sein Glarner Zigerlied fast als lokale Landeshymne. Auch Verkehrsmittel hat er besungen: die SOB, das Züritram, den ersten Trolleybus, die Spanisch-Brötlibahn. Zahlreiche Figuren aus der Kinderliteratur liess Beul in seinen Liedern aufleben, so etwa Max und Moritz, Rotkäppchen, Schneewittchen, Bambi und Perry, das Eichhörnchen. Auch ‚normale’ Tiere kamen zu Ehren: Ziegen, ein Papagei, Katzen, Schwalben… Tiere hatten es Artur Beul überhaupt angetan. Seine Wohnung ähnelte manchmal einer Menagerie: Neben einem Hund teilten Papageien und einmal sogar zwei Boas seine Wohnung; dies nicht zur Begeisterung Lale Andersens.

In seinen volkstümlichen Liedern durfte ein Jodel nie fehlen; ein ‚Dulio’ war Pflicht und gehörte dazu; wenn Beul es einmal wegliess, wurde er dafür kritisiert. Durch seine Lieder blickt man zurück in die Studenten- und Niederdorfromantik der 1950er-Jahre. ‚Es herzigs Fräulein’ wird besungen, man hat es ‚Schätzli im Stedtli’ und ein Titel wie «Im Negerdörfli z’Züri» wäre heute nicht mehr denkbar. Am bekanntesten aus dieser Reihe ist wohl «S’isch Polizeistund»; interpretiert vom Trio Eugster. Oft trifft man auch Wörter, die heute aus der Umgangssprache verschwunden sind wie etwa schüüli, weidli oder währli.

Aber so sehr sich diese Lieder in Stil unterscheiden, – schwer zu glauben, dass sie vom gleichen Komponisten stammen – alle haben sie gemeinsam, dass man sie beim ersten Mal Anhören schon fast mitsingen kann und meint, die eingängige Melodie schon lange zu kennen. Neben Liedern komponierte Beul die Mittelmeersuite für Orchester, mehrere Märsche, eine kleine Singmesse sowie unzählige Instrumentalstücke, die er als ‚Warenhausmusik’ bezeichnet. Und auf seinem Klavier stapelten sich Dutzende von Liedern, die nie veröffentlicht worden sind.

Die Übersicht über seine Werke verlor Beul bald einmal, es waren zu viele. Manchmal fragte er: „Ist das wirklich von mir…?“ und glaubte es erst, wenn man ihm den Titel auf der Liste der SUISA zeigte – sie ist mehrere Meter lang. Wer jedoch denkt, dass seine Melodien nur etwas für Nostalgiker und Gestrige sind, täuscht sich. Die trendigen Berliner Entertainer ‚Geschwister Pfister’ und der renommierte Männerchor Schmaz haben auf jeder ihrer CD modern arrangierte Beul Lieder aufgenommen. Von «Nach em Räge…» erschien von der Innerschweizer Band ‚Smashing Potatoes’ in Zusammenarbeit mit dem Radiopublikum eine Reggae Version und die jungen ‚Sam Singers’ haben seine Lieder in ihrem Programm. 2015 und 2023 wurde in Zürich das musikalische Lustspiel «Stägeli uf – Stägeli ab» mit Beuls grössten Hits mit Erich Vock, Hubert Spiess, Maja Brunner, Viola Tami, Fabienne Louves und anderen erfolgreich aufgeführt. Entzückend ist die die Interpretation von «Übre Gotthard flüged Bräme» im Film «Beresina» von Daniel Schmid; die junge russische Schauspielerin Helena Panova singt den Schlager mit charmantem Akzent. Auch wenn es um Artur Beul ruhiger geworden ist: Vergessen sind seine Lieder nicht. Und sein Wunsch, dass seine Lieder ihn überleben möchten, wird sicher in Erfüllung gehen.

Seine zahlreichen Erinnerungen und Begegnungen mit Künstlern hat Artur Beul in einem Buch festgehalten. Das Buch heisst wie sein Welterfolg: «Nach Regen scheint Sonne» und erschien im Verlag Edition Swiss Music Winterthur. Seine grössten Erfolge sind auf der CD «Goldene Erinnerungen» erschienen.

Zum Schluss zwei Strophen aus einem Gedicht Beuls, das anlässlich seines 80. Geburtstages im Gemeindesaal Zollikon von Elisabeth Schnell gelesen wurde: «Und muss ich gehen, soll niemand weinen, ich lass ja Lieder euch zurück. Sie werden euch mit mir vereinen in Liebe, Fröhlichkeit und Glück. Spielt dann mein Sternli-Lied zum Schluss bevor ich zu den Sternen geh. Singt laut, dass ich es hören muss! Ich freu mich dann, wenn ich euch seh!»

Ab Januar 2008 ging es Beul körperlich zunehmend schlechter. Er war immer mehr auf einen Rollstuhl angewiesen, und im Sommer darauf vermochten seine Hände auch seine Ideen nicht mehr aufs Papier bringen. Er zog ebenfalls ins Küsnachter Pflegeheim Bethesda, wo auch Pat seit längerem lebte.

Artur Beul starb am 9. Januar 2010, einen Monat nach seinem 94. Geburtstag. Auf seinen Wunsch hin wurde er in seinem Heimatort Lachen beerdigt, an einem grauen kalten Wintertag.

Eine kleine Schar von langjährigen Begleitern Arturs versammelte sich auf dem Friedhof, um ihn auf seinem letzten Weg zu begleiten, unter ihnen die Interpreten seiner Lieder Willi Schmid und Lys Assia.
Für etwas Leichtigkeit sorgten trotz des traurigen Anlasses die «Sam Singers», die gleich mehrere von Arturs Hits charmant vortrugen, darunter ein swingendes «Stägeli uf, Stägeli ab».

Der Kinderchor Altendorf sang von der Empore herunter «Am Himmel staht es Sternli», wie Artur es sich gewünscht hatte. Auf seinem Grabstein ist der Titel einer seiner bekanntesten Lieder eingraviert: «Nach em Räge schint Sunne».

Die Künstlerfamilie Beul

Lesen Sie des weiteren folgenden Bericht von Kaspar Michel über die Künstlerfamilie Beul – Hier klicken!
Bericht zum Herunterladen (PDF) – Hier klicken!

 

Beitrag im Zolliker Jahrheft 2005

Wer gerne eine ausführlichere Biografie lesen möchte, findet eine Alternative im folgenden Text von Adrian Michael*. Er schrieb ihn für das Zolliker Jahrheft 2005, anlässlich des 90. Geburtstages von Artur Beul.
Der Text liegt als PDF-Datei vor: Hier klicken!

*Das Copyright für diesen Artikel liegt beim Verfasser.

 

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«Nach Regen scheint Sonne» – Erinnerungen und Begegnungen mit Künstlern.
Erschienen 1994 im Verlag «Edition Swiss Music», Signatur ESM-90003, 133 Seiten.

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