Sie sollten mal an meinen Füssen,
die grossen Zeh’n genau ansehen.
Denn diese lebensfrohen süssen,
die können aufrecht gehen beim Stehen.
Das hab ich schon als Kind gemacht,
wenn Mama mir die Füss’ gewaschen.
Sie fand das komisch, hat gelacht.
Doch leider nicht, sah sie mich naschen.
Ich stahl den Pinsel von Papa,
den strich ich auf die Farbpalette
und ehe dies die Mama sah,
malt’ ich die Wand auf der Toilette.
Ich stahl Mama’s Geburtstagskarten
und zeichnete mit Farbstift drauf.
Ganz kleine Männchen, Blumenarten.
So trat ich früh als Künstler auf.
Ich liebte Tiere, speziell die Spatzen.
Einmal fand ich ein junges Tier,
das wollt nicht fressen und nicht schwatzen.
Auf meiner Hand verstarb es mir.
Mama’s Geschenk, ein Luftballon,
ich streichelte sein zartes Fell.
Dabei flog er mir hoch davon.
Mein kindlich’ Glück zerbrach sehr schnell.
Da war das Unglück mit der Vase,
in die ich Blumen stellen wollte.
Sie war aus China’s feinstem Glase.
Sie fiel, als ich ihr Wasser holte.
Ein Bild von Papa, ’s war noch nass,
das überstrich ich mit dem Finger.
Papa fand dafür wenig Spass:
„Bub, dies sind meine teuren Dinger!
Die muss ich doch sehr bald verkaufen,
damit wir später davon leben.
Lern erst mal richtig aufrecht Laufen,
dann will ich dir auch Pinsel geben.“
Einmal fand ich den Lippenstift,
den Mama hat vergessen.
Ich lutschte dran, dem süssen Gift,
und hätt ich fast, oh Schreck, gegessen!
Den Weihnachtsbrief von einer Tante,
den hatt’ ich so zum Spass zerrissen.
Die Sammelsucht ich noch nicht kannte.
Man hat als Kind noch kein Gewissen.
Mama hat alles aufgehoben.
Sie tat’s mit grosser Leidenschaft.
Viel altes Zeug, wie Kleiderroben.
Hab später alles weggeschafft.
Den einz’gen Schnuller hat Mama,
als Souvenir gut aufgehoben,
das fand ich komisch, als ich’s sah.
Ins Feuer hätt’ ich ihn geschoben.
Denn lange Zeit hing ich am Nuckel.
Ich hab ihn fast zu tot gelutscht.
Ich galt schon als der „Nuggi-Joggel“,
bis ich ins zweite Jahr gerutscht.
Mein erstes Kleidchen, ’s war ein Röckchen,
das wurde aufbewahrt bis heute.
Auch eins von meinen blonden Löckchen,
weil’s Wegwerfen sie reute.
Ich hab auch Mama’s Brief gefunden,
worin sie mahnt, sparsam zu sein:
„Die Fränkli, halt sie fest, die runden.
Glaub mir, von nichts kommt nichts herein!“
Ich hatt’ als Kind schüchternes Denken,
dafür musst’ ich oft bitter leiden.
Als ein Besuch mir wollte schenken
fünf Franken, sagte ich bescheiden:
„Nein, danke, hab genug, nein, danke!“
„Wenn dem so ist, bleiben die Franken
bei mir zu Haus in meinem Schranke.“
Grossmutter schrie: „Nimm ’s Geld, tu danken!“
Zu spät! Ich kriegte später Schläge.
„Du bist nicht dumm, du bist noch dümmer!
Mit deinem Denken liegst du schräge.
Aus dir wird nichts, ich wusst’ es immer!“
So ging’s mit der Bescheidenheit.
Grossmutter hatte sicher Recht.
Bescheiden kommt man nicht sehr weit,
sonst geht es dir im Leben schlecht.
Das sind für mich Erinnerungen,
aus meiner frühsten Jugendzeit.
Von einer Zeit, die längst verklungen.
In mir bleibt sie in Ewigkeit.
© 02/2008 Artur Beul, Zollikon.